Schill-Gedenken

 

Schill gedenken? Warum denn eigentlich?

 

Und was hat es mit dem Eisernen Kreuz auf sich? Am Geländeeingang stand doch ein Schild mit dem Hinweis auf eine KZ-Gedenkstätte?

 

Wir möchten mit dem Banner Was bleibt von einem Denkmal nach dem Vergessen? die Vielschichtigkeit dieses Gedenkortes erläutern und entschlüsseln. Die Erinnerungsebenen des Ortes werden durch die Kontextualisierung transparenter. Denn an diesem Erinnerungsort, auf dessen Gelände Ihr gerade steht, kommt wirklich sehr viel zusammen, an das erinnert werden sollte.

Folgt unserer Einladung und informiert Euch über die Geschichte und Gegenwart des Ortes!

 

Wir starten mit einer Bestandsaufnahme

Im Wesentlichen setzt dieser Ort sich aus vier wichtigen Bestandteilen zusammen. Zum steht hier das Schilldenkmal. (1) Es prägt die Wahrnehmung dieser parkähnlichen Fläche maßgeblich. Für unsere Kernaufgabe als KZ-Gedenkstätte und zentraler Erinnerungsort an die NS-Vergangenheit der Stadt Braunschweig, spielt das Denkmal aber kaum eine Rolle. Dazu aber gleich mehr.

Direkt neben dem Denkmal befindet sich unser heutiges Gedenkstättengebäude (2), welches jedoch ursprünglich zum Schilldenkmal gehörte.

Hinter der Mauer, in Richtung Brawopark, befindet sich eine Betonwand, auf die eine Leuchtschrift angebracht ist. (3) Auch diese Leuchtschrift ist Teil des Gedenk-Ortes.

Wenn Ihr auf das Treppenpodest (4) steigt, könnt ihr die Leuchtschrift hinter der Mauer lesen. Dieses Podest bildet gemeinsam mit der Mauer, an der die vielen Gedenktafeln angebracht sind, einen Teil der Gedenkstätte.

Die Gedenkstätte KZ-Außenlager Braunschweig Schillstrasse

Seit dem Jahr 2000 befindet sich auf diesem Gelände die Gedenkstätte KZ-Außenlager Braunschweig Schillstraße. Sie erinnert an ein ehemaliges Außenlager des KZ Neuengamme, das sich direkt hinter der heutigen Gedenkmauer befand. Dies ist in etwa dort, wo heute ein Großteil der Brawopark-Parkplätze und auch das Einkaufszentrum selbst sind.

Im Außenlager waren überwiegend jüdisch-polnische Männer inhaftiert, die ab August 1944 aus dem Vernichtungslager Auschwitz zum Arbeitseinsatz nach Braunschweig verschleppt wurden. In etwa 1.200 Häftlinge wurden in den darauffolgenden Wochen hierhergebracht, um für die LKW-Firma Büssing Zwangsarbeit zu leisten.

Das bedeutet, unsere Gedenkstätte befindet sich gar nicht auf dem historischen Lagergelände. Von dem Außenlager ist nichts erhalten. Die letzten Baracken wurden um das Jahr 1960 herum abgerissen.Lediglich Fundamentreste wurden beim Umbau des Geländes 2014 entdeckt.

In unserem Geländeguide könnt ihr euch übrigens eine Luftbildaufnahme von 1945 über die heutige Ansicht legen. Ein Foto vom Außenlager, auf dem sogar das heutige Gedenkstättengebäude zu erkennen ist, findet ihr auch an der Gedenkmauer.

Wie also umgehen, mit diesem Gedenkort, von dem nichts mehr erhalten ist?

Im Januar 1996 beschloss der Rat der Stadt Braunschweig, einen künstlerischen Wettbewerb zur Gestaltung einer Gedenkstätte für die Opfer des KZ-Außenlagers zu initiieren. Letztlich wurde die Gedenkstättenkonzeption der Hamburger Künstlerin Sigrid Sigurdsson realisiert. Zentrales Element ist dabei das Offene Archiv “Braunschweig ­ eine Stadt in Deutschland erinnert sich”. Nach umfangreichen Gestaltungsmaßnahmen im Außenbereich und der Sanierung des ehemaligen Invalidenhauses, das Gebäude der heutigen Gedenkstätte, ist diese seit dem 1. Mai 2000 für Besucher*innen zugänglich. Zum Gesamtkonzept von Sigrid Sigurdsson gehört neben dem Offenen Archiv, wie oben schon beschrieben, auch die Gedenkmauer mit den Tafeln und das Treppenpodest, auf dem man über die Mauer hinweg auf das Gelände des ehemaligen Außenlagers blicken kann.

Da es keine sichtbaren Spuren des ehemaligen Lagers mehr gibt, baut unsere pädagogische Arbeit im Schwerpunkt auf Aussagen von Zeitzeug*innen und auf den Inhalten des Offenen Archivs auf.

Doch dann ist da ja noch dieses Denkmal. Wie also umgehen, mit diesem Denkmal, dessen Geschichte vergessen ist?

Oder lieber vergessen werden sollte? Nun ist dieses martialische Denkmal auf den ersten Blick nicht gerade passend für eine Erinnerungsstätte, die an ein ehemaliges KZ-Außenlager erinnert. Ein Eisernes Kreuz, Schwerter, Adler und ein Ehrenkranz. Das wirkt nicht nur nationalistisch, sondern ist es auch.

Das eigentliche Denkmal steht hier aber bereits seit 1837 und hat nichts mit dem Nationalsozialismus zu tun. Es ist ein Relikt aus der Zeit, in dem sich eine Heldenkultur etablierte, die damals weit verbreitet war. Selbst für Ferdinand von Schill gibt es nicht nur in Braunschweig Denkmäler.

Also, ein riesiges Denkmal, das zunächst gar nichts mit unserer Gedenkstätte zu tun hat.

Umwidmung und Konflikt um den Gedenkort

Was für die meisten Besucher*innen dieser Gedenkstätte schwer zu entschlüsseln ist, sind die drei Gedenkplatten auf dem Sockel des Schilldenkmals.

Es handelt sich dabei um Platten, die auf Anregung der Braunschweiger Bundeswehrverbände rund zehn Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs zu Ehren von verstorbenen und vermissten Soldaten der Wehrmacht angebracht worden sind. Ab 1955 wurde an diesem Ort also viele Jahre lang Männern gedacht, die im Zweifel auf der Seite der Täter*innen standen. Und dies in direkter Nachbarschaft zu den noch vorhandenen Häftlingsbaracken des ehemaligen KZ-Außenlagers.

In den 70er Jahren wurde dieses Denkmal zum zentralen Gedenkort am jährlichen Volkstrauertag. Bei den offiziellen Kranzniederlegungen nahmen neben anderen Gruppierungen auch Vertreter der „Traditionsverbände“ der Wehrmacht teil.

In den 80er Jahren formierten sich Proteste in Teilen der Stadtgesellschaft darüber, dass bei diesen Kranzniederlegungen mit keinem Wort den zu Tode gekommenen Häftlingen des Außenlagers gedacht wurde. Erst in den 90er Jahren wurde daraufhin von der Stadt entschieden, die Gedenkveranstaltungen zum Volkstrauertag an einem anderen Ort abzuhalten. Im Ergebnis traf der Rat der Stadt Braunschweig 1995 den Beschluss, die Gedenkstätte für die Opfer des ehemaligen KZ-Außenlagers einzurichten. Seitdem finanziert die Stadt die Arbeit der Gedenkstätte.

Erinnern macht Mut!

Dank des zivilgesellschaftlichen Engagements aus der Braunschweiger Bevölkerung und des entschiedenen Handelns der Stadt Braunschweig können wir heute als Gedenkstätte für alle die hier leben Angebote für eine lebendige Erinnerungskultur machen.

Und – Was bleibt von einem Denkmal nach dem Vergessen?

Die Geschichte ist nicht vergessen. Weder heute noch in der Zukunft! Wir laden dazu ein, die Gegenwart und Zukunft der Erinnerung in Brauschweig mitzugestalten.